Paella ist Ausdruck von Lebensge- fühl, gleich dem Aperitivo oder dem Vermut. Es geht um Essen in der Fa- milie, kleine Feste wo alle zusammen kommen. Paella wird mittags geges- sen. Vorher gibt es kleine Aperitivos, Fischkonserven, Kartoffelchips, Bier und Wein. Ich liebe Berberechos aus der Dose – mein Schwiegervater pimpt sie immer mit scharfer Soße Dazu trinken wir einen trockenen Fino-Sherry.

Es ist ein Schönwetter-Essen, man läuft den ganzen Tag in Badehose rum, kühlt sich im Pool oder unter der Gartendusche ab, plaudert, trinkt und gibt sich einem ausgedehnten pica-pica hin, bevor die Paella fertig ist.

Jede Familie hat ihr eigenes Rezept: mal Fleisch, mal Fisch, mal beides (Mixta). Es gibt ungeschriebene Regeln, die werden auch nicht verraten – ich kenne sie bis heute nicht. Jedes Mal wenn ich voller Stolz meiner Frau meine Paella-Kreationen zum Probieren gegeben habe, konterte sie unbeeindruckt: „Sehr gut, aber das ist keine Paella“. Als ob eine dieser Regeln lautet: „Nur Spanier können Paella kochen“. Andere Erklärungen hatten gegen mein Hobbykoch-Ego keine Chance.

Die Basis meiner Paella ist gute Brühe, am besten selbstgemachte Hühnerbrühe. Das passt hervorragend zu Fisch und Fleisch gleichermaßen. Bei Fisch Paella verwende ich auch den Brüh-Sud der Miesmuscheln, mische ihn mit der Hühnerbrühe und koche alles nochmal mit viel Safran auf. Der Safran gibt die schöne Farbe, ist aber auch essenziell für den Geschmack.

Ein weiteres Highlight des Paella-kochens ist der Markteinkauf am Tag zuvor. Für meine Paella kaufe ich Calamari (5 bis 6 mittelgroße Exemplare), ein Netz Miesmuscheln und rote Gambas (etwa 4 Stück pro Person). Am Gemüsestand dann noch Petersilie, Knoblauch, Zwiebeln und Ramallet Tomaten. Auch ein guter Reis ist sehr wichtig, am besten ein Arroz Bomba, z.B. aus dem Ebro Delta. Notfalls geht auch Risottoreis.

Die Paella ist eine sehr dünnwandige und flache Pfanne. Je größer umso schwieriger wird es, an jedem Punkt

der Pfanne die gleiche Hitze zu bekommen. Besonders große Pfannen gelingen auf Feuer fast noch besser, da man so die Hitze gut verteilen kann. Klassischerweise wird Paella auf Pinien-Feuer gekocht. Eine große Bratpfanne ohne Beschichtung tut es auch.

Als erstes putze und wasche ich die Miesmuscheln. Dann dämpfe ich sie in einem großen Topf in dem 2 Finger hoch das Wasser steht und gebe noch ein Lorbeerblatt hinzu. Die Muscheln dämpfe ich gerne etwas länger als nötig – sie werden dann fester. Den Sud nach dem Dämpfen aus dem Topf durch ein feines Sieb geben (um eventuelle Teilchen herauszufiltern) und mit der Hühnerbrühe und ordentlich Safran nochmals aufkochen. Muscheln beiseite stellen. Sie sind zusammen mit einem leckeren Wein ein geiler Snack für den Koch, aber nicht zu viel naschen. Ist die Hühner-Miesmuschel Brühe zu schwach auf der Brust, gebe ich einen Bio-Gemüsebrühwürfel dazu. Der Sud sollte ordentlich Schmackes haben, auch gut gesalzen sein.

Als nächstes schneide ich vier Ramallet Tomaten quer durch und reibe die Pulpa von der Schale runter, beiseite stellen. Ich hacke einen Bund Petersilie zusammen mit einer Knoblauchzehe klein und stelle auch das beiseite. Zu guter Letzt noch eine Zwiebel fein würfeln. Dann mache ich mich an das Getier.

Den Gambas stutze ich die Fühler mit einer Schere, das ist nicht unbedingt notwendig, aber ich mag keine losen Fühler oder Beinchen in meiner Paella. Schale und Kopf unbedingt dran lassen. Die Calamari schneide ich in kleine Ringe, auch die Tentakel schneide ich klein.

Man kalkuliert etwa 80 bis 100g Reis pro Person. Ich vergewissere mich dass ich die 2,5-fache Menge an Brühe habe. Nun VIEL Olivenöl in der Paella-Pfanne erhitzen. Zuerst brate ich die Gambas. Die Pfanne muss sehr heiß sein – die Gambas sollten auf keinen Fall Wasser ziehen. Es muss spritzen und zischen. Die Krustentiere ruhig etwas länger anbraten, keine Angst sie werden mit der Schale nicht so schnell trocken und der Sugo aus dem Kopf der Gamba verflüssigt sich und bindet mit dem Olivenöl.

Die Gambas herausnehmen und bei- seite stellen. Jetzt die Calamari sal- zen, anbraten, falls nötig nochmal Olivenöl nachgießen. Wirklich die Scheisse (sorry für den Ausdruck) aus den Calamari frittieren, sie müssen komplett gebräunt sein und am Boden der Paella sollte sich ein brauner Satz festbrennen (Röstaromen galore!). Flamme auf Vollgas und keine Angst. Was von den Calamari noch übrig ist beiseite stellen.

Mit den Zwiebeln den Bratensatz vom Boden der Pfanne kratzen. Dann den Reis zusammen mit Knoblauch und Petersilie zu den Zwiebeln geben und andünsten. Tomatenpulpa zugeben, alles gut vermengen, dann die Brühe komplett angießen und auch die Calamari wieder zugeben.

Jetzt kann man mit einem Holzspatel noch die letzten Reste Bratensatz lösen, es sollte nun stark kochen. Solange alles noch suppig ist umrühren und mit Salz abschmecken. Sobald der Reis anzieht ist Schluss damit, sonst gibt es Reispampe und keine Paella. Wenn die Brühe verkocht ist, muss die Paella leicht von unten anbrennen Der Reis sollte zu diesem Zeitpunkt genau al dente sein.

Fertig ist die Paella erst wenn sie noch 5 Minuten gezogen hat, unbedingt zudecken und vorher noch Gambas und Muscheln auf der Paella drapieren. Beim Ziehen löst sich der braun-ge- brannte Reis am Boden der Pfanne wieder. Listo!

Weintipp: Winterling Rosé

Kochmusik: Joan Manuel Serrat: Mediterraneo

Nachtisch: Gin & Tonic